Fachärzte im Kreis Recklinghausen reaktivieren nach Notdienst-Chaos altes System

WAZ, Unser Vest, 03.03.2011, Irene Stock

Nachdem Patienten über zum Teil „chaotische Zustände“ beim Notfalldienst berichteten, greifen die HNO- und die Augenärzte im Kreis Recklinghausen, in Bottrop und Gelsenkirchen auf das alte Notdienstsystem zurück. Foto: Marc Albers/WAZ FotoPool

Nachdem Patienten über zum Teil „chaotische Zustände“ beim Notfalldienst berichteten, greifen die HNO- und die Augenärzte im Kreis Recklinghausen, in Bottrop und Gelsenkirchen auf das alte Notdienstsystem zurück. Foto: Marc Albers/WAZ FotoPool

 

Vest. Nach dem Chaos um die Neuregelung des Notfalldienstes reaktivieren Fachärzte das alte Notrufsystem. HNO- und Augenärzte im Kreis Recklinghausen, in Bottrop und Gelsenkirchen sind bis auf Weiteres unter der Rufnummer 0180/504 41 00 erreichbar.

Die Neuordnung der notärztlichen Versorgung bleibt im Kreis Recklinghausen ein Dauerthema. Patienten berichten über zum Teil „chaotische Zustände“ beim Notfalldienst. Nun greifen die HNO- und die Augenärzte im Kreis Recklinghausen, in Bottrop und Gelsenkirchen auf das alte Notrufsystem zurück. Unter dem Notfalldienst 0180 504 41 00 erscheint ab sofort zu­sätzlich eine Notfallnummer und der Praxisort des jeweiligen diensthabenden HNO- bzw. Augenarztes.

„Diese Übergangslösung gilt bis auf Weiteres“, sagt Dr. Werner Seibel. „Wir bieten diesen Service für unsere Patienten.“ Der Dorstener Augenarzt ist (ehrenamtlicher) Bezirksstellenleiter der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Recklinghausen und spricht für rund 50 Augen- und 30 HNO-Praxen.

Beispiel
Seniorin erkrankt
Verwandte einer Seniorin, die in einem Altenheim in Dülmen wohnt, machten vor 14 Tagen ihre „eigenen Erfahrungen“ mit dem neu organisierten ärztlichen Notdienst in Westfalen: Wegen einer Magen-Darm-Infektion hatten die Verwandten an dem bewussten Freitagnachmittag gegen 14.30 Uhr die Notfalldienst-Nummer in Duisburg angerufen. Nach langer Wartezeit kam man endlich durch und be­schrieb den Zustand der alten Dame. Die Zentrale nannte daraufhin die dienstbereite Ärztin, die aus Borken anreiste und nach längerer Irrfahrt durch Dülmen erst kurz vor 18 Uhr bei der Patientin eintraf. Die Ärztin untersuchte die Patientin und stellte ein Rezept aus. Die diensthabende Apotheke hatte das Medikament aber nicht auf Lager und konnte das Rezept erst am nächsten Tag einlösen.
Ursache für die zusätzliche Telefon-Nummer, die ab sofort auch in der WAZ im Vest veröffentlicht wird, ist das Problem, dass Patienten bei der Zentrale in Duisburg nicht durchkommen oder in telefonischen Endlos-Warteschleifen stecken. Deswegen hatten Patienten in den vergangenen Wochen den ärztlichen Notdienst massiv kritisiert. „Vielfach berechtigt“, sagen Mediziner, die die Kritik nachvollziehen können.

Kassenärztliche Vereinigung unterstützt Übergangslösung

Die Übergangslösung der HNO- und Augenärzte findet sogar bei der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe in Dortmund Unterstützung. „Wir wären sehr dankbar, wenn die zusätzliche Adresse und Telefonnummer veröffentlicht würden“, sagt deren Pressesprecher Andreas Daniel.

In der Zentrale in Duisburg erfährt der Anrufer die nächstgelegene Notfallpraxis. Und: Für Patienten, die einer ärztlichen Behandlung bedürfen, aber auf Grund der Erkrankung nicht in die Praxis kommen können, gibt es dienstbereite Ärzte, die die Patienten zu Hause aufsuchen. Die Hausbesuche werden für ganz Westfalen über diese Zentrale koordiniert. Auch das hat zu vielfachen Beschwerden geführt. Denn: Da die Ärzte im Fahrdienst jetzt größere Wegstrecken zurücklegen müssen, kann es hier durchaus zu Wartezeiten kommen.

Jede Neuorganisation habe ihre Anlaufschwierigkeiten, so Daniel. „Die Zentrale in Duisburg war maßlos überlaufen.“ Am ersten Februar-Samstag seien über 31 000 Anrufe eingegangen, am letzten Februar-Samstag seien es „nur noch“ 12 000 gewesen. Für Andreas Daniel dennoch eine „erhebliche Verbesserung, was den Andrang angeht“.

„Die erste Welle hat uns überrascht, darum haben wir die Zahl von anfangs 40 Mitarbeitern an den Telefonen durch eigene KV-Mitarbeiter aufgestockt und ein kommerzielles Call-Center beauftragt. Der Computer bedient 120 freie Leitungen.“ Inzwischen betrage die maximale Wartezeit am Telefon zwei Minuten.

Neuordnung sei trotzdem sinnvoll

„Beschleunigt“ wurde das System auch durch die Vorwahl-Kennung. Die Hälfte der Anrufer wolle wissen, wo die nächste stationäre Notfallpraxis sei. Die andere Hälfte sei auf der Suche nach einem Facharzt bzw. wünsche einen Hausbesuch und bleibe länger in der Leitung.

Daniel hält die Neuordnung trotzdem für sinnvoll. Sein Rat: „Der Anrufer sollte Geduld haben und, wenn er nicht durchkommt, es eine halbe Stunde später noch einmal versuchen. Wir sind inzwischen besser besetzt.“