Patienten hingen bei neuer Notfallnummer für NRW in der Warteschleife

WAZ, Bottrop, 06.02.2011, Christina Banner

Notfallpraxis am Marienhospital in Bottrop wie gehabt - Probleme gab es mit den neu strukturierten Hausbesuchen.  Foto: Winfried Labus / FotoPool
Notfallpraxis am Marienhospital in Bottrop wie gehabt - Probleme gab es mit den neu strukturierten Hausbesuchen. Foto: Winfried Labus / FotoPool

Bottrop/Duisburg. „Es ist wirklich chaotisch: Patienten rufen uns an, sind ärgerlich und wir können nichts machen“ – die beiden Arzthelferinnen Silvia Hübner und Margot Krettek, die am Samstag Nachmittag zum Dienst in der Bottroper Notfallpraxis am Marienhospital eingeteilt waren, wussten kaum, wo ihnen der Kopf stand. Nicht, dass es an diesem Tag mehr Notfälle gegeben hätte als sonst – es war das erste Wochenende nach Einführung der neuen Notdienstordnung im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe.

Ein Call-Center bündelt alle Notrufe

Eine zentrale Neuerung der Notdienstordnung ist die Einführung einer landesweiten Notfallnummer. Wählt ein Patient die kostenpflichtige Hotline, so bekommt er ein in Duisburg ansässiges Call Center an die Strippe. Von hier aus soll dann unter anderem der ärztliche Fahrdienst für nicht transportfähige Patienten koordiniert werden. Wer also außerhalb der normalen Sprechzeiten ein medizinisches Problem hat, jedoch nicht zur Notfallpraxis kommen kann, der muss eben jene Hotline wählen und bekommt dort einen mobilen, ärztlichen Notdienst zugewiesen.

Stunden in der Warteschleife

So viel zur Theorie. In der Praxis sah das am Wochenende jedoch etwas anders aus: „Die Hotline funktioniert nicht. Wir wissen nicht, ob es sich um eine Störung handelt. Jedenfalls hängen die Patienten mehrere Stunden in einer Warteschleife am Telefon, ohne Erfolg“, erklärte Silvia Hübner. Früher wurde der mobile Notdienst für Bottrop über die Notfallpraxis koordiniert – klar, dass die Mitarbeiter jetzt Anlaufstelle für Beschwerden sind: „Wir wurden sogar mehrfach beschimpft“, weiß Silvia Hübner, „aber irgendwie kann man das ja auch verstehen. Viele Leute sind allein zu Hause, sind krank und haben Angst.“

Kaum hat sie diesen Satz ausgesprochen, erlebt sie live und in Farbe, was der Ausfall der Hotline für einige Patienten bedeutet. Da schleppt sich eine Dame zur Anmeldung, gestützt von ihrer Tochter, kreidebleich, kaum in der Lage zu sprechen. „Ich habe sechs Stunden am Telefon gehangen. Irgendwie hat nicht einmal die Warteschleife funktioniert. Aber es ging einfach nicht mehr, deshalb bin ich hier.“

 „Die neue Notdienstordnung ist eine Verschlechterung.“

 Den Arzthelferinnen bleibt nichts, außer ratlos den Kopf zu schütteln. „Früher konnten die Ärzte in solchen Fällen direkt agieren. Jetzt wissen wir nicht einmal, wo sich der Fahrdienst aufhält. Wir haben keinen Kontakt zu ihm“, fasst Margot Krettek zusammen. Und Silvia Hübner ergänzt: „Ich würde ja nachfragen, was los ist, aber ich komme bei der Hotline ja auch nicht durch.“ Die Einschätzung des diensthabenden Arztes, Dr. Karl-Georg Büscher, ist recht eindeutig: „Die neue Notdienstordnung ist eine Verschlechterung. Mehrere Patienten haben sich heute schon beklagt. Das belastet.“ Langfristig werde es seiner Meinung nach darauf hinauslaufen, dass die Patienten direkt die 112 wählten. „Oder nicht transportfähige Patienten kommen doch in die Notfallpraxis. Das kann die Gesundheit in manchen Fällen ernsthaft gefährden.“