Ärzteverein sorgt sich um Zukunft der Notfallpraxis

WAZ, Bottrop, 02.10.2009, Anne Wiegel 

 Wenn nachts die Magenschmerzen unerträglich werden, am Wochenende das Fieber in ungeahnte Höhen klettert oder feiertags der Schuh drückt, dann ist sie die erste Anlaufstelle: die Notfallpraxis am Marienhospital. Doch das könnte sich ändern, sollte sie denn gestellt werden, die Diagnose: überflüssig 

 Fest steht, dass die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) die Notfallbezirke drastisch reduzieren will. „Statt einen Flickenteppich mit 178 kleinen, wird es künftig 29 große Bezirke geben”, sagt Christopher Schneider, Pressereferent der KVWL. „So wollen wir die Ärzte in ländlichen Regionen entlasten.” Ziel sei es, ein flächendeckendes Netz an Notfallpraxen zu etablieren und sinnvoll zu strukturieren. „Es macht wenig Sinn, wenn in Ballungsräumen die Praxen dicht an dicht liegen, während die Bevölkerung auf dem Land sehr weit fahren muss”, meint er.

  Nicht gefährdet – bloß unbequemer

Foto: Dirk Bannert
Foto: Dirk Bannert

Gregor Postberg hofft, dass die Notfallpraxis in Bottrop erhalten bleibt.Ein Satz, der bei Dr. Gregor Postberg, Vorsitzender des Bottroper Ärztevereins, die Alarmglocken klingeln lässt. „Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass die Notdienste in Bottrop, Gladbeck, Dorsten und Herne künftig zusammengelegt werden”, erklärt der Mediziner, der mit anderen Bottroper Ärzten schon seit längerem um die Erhaltung des hiesigen Standortes kämpft. „Andererseits jammern wir im Vergleich zu strukturschwächeren Regionen natürlich auf hohem Niveau.” Es sei ja nicht so, dass die medizinische Versorgung gefährdet sei – bloß unbequemer könnte es werden.  

 Und so schlagen dann auch zwei Seelen in Postbergs Brust: „Ich kann die Patienten verstehen, denen eine ortsnahe Versorgung wichtig ist. Andererseits sind die Kassen knapp, der Ärztenachwuchs fehlt – da muss man Abstriche machen.” Ein bisschen Zynismus kann er sich dann aber doch nicht verkneifen, der Bottroper Mediziner: „Wer weiß, vielleicht läuft es ja irgendwann wie beim Telefonbanking: Haben Sie Fieber, drücken Sie die eins. Haben Sie Kopfschmerzen, drücken Sie die zwei. Haben Sie . . .”